Als erstes Bauwerk an der nordseitigen Stadteinfahrt von Neumarkt steht inmitten des geschützten Landschaftsteils „Lindengruppe beim Samshofbauern“ die Samshofbauerkapelle. Im Schatten der Jahrhunderte alten Linden erhebt sich auf einem betonierten Sockel der dreiseitig gemauerte Kapellenbildstock mit einem mit Porphyrplatten belegten Vorplatz. An der südwestlichen Seitenwand befindet sich ein rundbogiges, verglastes und vergittertes Fenster, das mit Feinputzfaschen gerahmt ist. Ein zweiflügeliges, schmiedeeisernes Gittertor, das noch von der Vorgängerkapelle stammt, trennt den offenen Andachtsraum vom Vorplatz. Das an der südöstlichen Schauseite weit vorkragende, mit Kupferblech gedeckte Pyramidendach wird von zwei in Form geschnittenen Holzsäulen gestützt. Die Kapelle, deren Grundriss 3,10 x 3,50 Meter misst, gehört der Familie Johann und Johanna Sams, deren Bauernhof in der Wienerstraße 28 steht.
Die Rückwand der Nische zeigt ein von Peter Schneeweis aus Straßwalchen gestaltetes Rautenfeld mit einer Heilig-Geist-Taube in der oberen Ecke und der Aufschrift „Heilige Maria, bitte für uns!“ und der Jahreszahl 1983 in der unteren Ecke. Die Blicke zeiht aber vor allem die ausdrucksstarke Konsolfigur der heiligen Maria mit dem Jesuskind an.
Sie wurde 1983 von Franz Kraler geschnitzt und gefasst, er war Theologe, Pädagoge und begabter Holzbildhauer; zwei Jahrzehnte lang lebte er mit seiner Familie in Neumarkt und wirkte hier als Hauptschullehrer. Maria im kräftig blauen Kleid trägt hier das Jesuskind, das sich zärtlich an die Mutter schmiegt und sie streichelt. Maria legt ihre Wange an die ihres Kindes. Die liebevolle Beziehung zwischen Mutter und Kind nach dem Vorbild des byzantinischen Marienbildes „Madonna eleusa“ ist innig und bewegt gestaltet. Dieser Gottesmuttertypus gilt als „Fürsprecherin der Christenheit“.
Die Vertrautheit der Mutter-Kind-Beziehung kommt sehr stark zum Ausdruck: Sie zeigt die Macht Mariens, das Herz ihres Sohnes anzurühren und Fürsprache für uns einzulegen. Maria erscheint zugleich göttlich – wunderschön wie auch menschlich. Das goldene Tuch, das über ihren Schultern herunterhängt und scheinbar vom Wind um die Beine Mariens geweht wird, ist besonders markant dargestellt.
Bereits 1895 wurde von den damaligen Bauersleuten Georg und Maria Sams eine Kapelle unter den drei Linden erbaut. Sie versprachen, die Kapelle zu errichten, sollten die künftig geborenen Kinder am Leben bleiben. Bis dahin waren alle ihre Kinder nach der Geburt verstorben. Tatsächlich blieben zwei folgende Knaben am Leben. 1977 musste die ursprüngliche Kapelle abgerissen werden, weil die stark gewachsenen Linden sie „erdrückt“ hatten. Die Landjugendgruppe Neumarkt unter der Führung von Johann Elshuber und Helga Plietl sowie mit deren Nachfolgern Rupert Frauenschuh und Maria Haas baute den Kapellenbildstock im Heiligen Jahr 1983 etwas weiter westlich wieder auf. 42 Mitglieder der Gruppe hatten unentgeltlich 320 Arbeitsstunden für das Wiedererstehen der Andachtsstätte gleistet. Am 29. Oktober 1983 weihte der älteste Sohn der Familie Sams, der Samshofbauersleute, der Neupriester Josef Sams, am Vorabend seiner Primizfeier gemeinsam mit Pfarrer Matthias Schwab die Kapelle ein.
Dieses formschöne Bauwerk mit seinen prägenden Architekturelementen stellt gemeinsam mit den drei mächtigen Winterlinden, seit 1980 als Naturdenkmal geschützt, eine wertvolle Bereicherung der Kulturlandschaft dar.
Quelle: Raststätte. Auf dem Weg mit Christus (2009). Eigenverlag des PGR Neumarkt am Wallersee